CANSLIM-Strategie 6/7: Overhead Supply
Das Konzept des Overhead-Supply wird von William O’Neil in seinem Buch "How to Make Money in Stocks" geschildert. Von Overhead Supply spricht man, wenn es bei einer Aktie signifikante Widerstandsbereiche gibt, wenn sie sich nach einem Abwärtstrend nach oben bewegt. Die Widerstandsbereiche repräsentieren die Punkte, zu denen andere Anleger gekauft haben. Diese warten im Aufwärtstrend bis die Aktie zurück auf ihren Einstiegskurs gestiegen ist und verkaufen am Breakeven-Point.
Angenommen, eine Aktie steigt von 25 USD auf 40 USD, sinkt anschließend auf 30 USD und tendiert folglich wieder aufwärts. Viele Investoren, die anfangs zu einem Kurs im hohen 30-USD-Bereich oder gar bei 40 USD gekauft haben, warten bis der Kurs das Einstiegsniveau wieder erreicht und verkaufen ihre Aktien anschließend. Dieses irrationale Verhalten ist in der menschlichen Natur begründet: Wir sträuben uns dagegen mit Verlust zu verkaufen, unabhängig davon, ob es rational betrachtet Sinn ergibt, an der Position festzuhalten. Wenn (unerfahrene) Anleger mit einer Position unmittelbar nach dem Kauf hohe Buchverluste erleiden, handeln sie oftmals nach dem Motto: "Wenn der Kurs bloß wieder zu meinem Einstiegsniveau zurückkehrt, werde ich verkaufen." Hinzu kommt, dass professionelle Anleger dieses Verhalten von Amateuren kennen und zusätzlich Aktien an solchen Widerstandspunkten verkaufen. Dadurch wird das ursprünglich emotionale Kapitalmarkt-Phänomen auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Widerstandsbereiche entstehen folglich nah am Niveau des vorherigen lokalen Hochs.
Das folgende Beispiel illustriert die Situation gleich doppelt. Unmittelbar nach den beiden ersten Aufwärtsbewegungen gab es stärkere Abverkäufe. Anleger, die spät hinzugestoßen sind, erleiden relativ schnell deutliche Kursverluste. Nachdem sich die Aktie aufwärtsbewegt, schafft sie es in beiden Fällen nicht den Widerstandsbereich zu überwinden. Erst beim dritten Anlauf gelingt es der Aktie aus dem Widerstandsbereich auszubrechen.
Beim Ausbruch aus dem Widerstandsbereich bzw. aus einer Price-Range kann eine gute Kaufgelegenheit vorliegen, denn dies bedeutet, dass die Aktionäre, die nur auf ein Breakeven-Point warteten, nicht mehr im Markt sind. Die Overhead Supply (Deutsch: Das Überangebot an Aktien), welches durch "schwache Investoren” entsteht, ist nicht mehr vorhanden, sodass der Kurs weiter Richtung Norden laufen kann. Die stärkere Investorenbasis, die Kursrutscher aussetzen und auf deutlich steigende Kurse spekulieren, bietet das Potenzial für eine längere Aufwärtsbewegung.