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Pair Trading – Marktneutral Handeln wie Hedgefonds

Jessica Igel

Was ist Pair Trading?

Beim Pair-Trading handelt es sich um eine Strategie, die den gleichzeitigen Kauf und Verkauf von zwei verschiedenen Wertpapieren vorsieht, um von den Preisunterschieden zwischen den beiden Wertpapieren zu profitieren. Pair Trader spekulieren auf die relative Entwicklung der Wertpapiere zueinander und setzen auf eine Mean Reversion - die Rückkehr des Preisunterschieds zum Mittelwert. Durch die gleichzeitige Long- und Short-Positionierung ist der Pair Trade marktneutral, was bedeutet, dass er vor systematischen Marktrisiken wie etwa einem allgemeinen Negativtrend schützt. Das Pair Trading bietet sich daher als Arbitrage-Strategie an, mit der auch in seitwärts laufenden Marktphasen oder Bärenmärkten profitabel gehandelt werden kann.

Pair Trader suchen hierfür zwei Wertpapiere, die sich in der Vergangenheit sehr ähnlich entwickelt haben, und warten, bis ihre Performance auseinandergeht. Dies ist häufig bei Aktien desselben Sektors der Fall, z. B. bei Banken (Goldman Sachs und JP Morgan) oder Konsumgüterunternehmen (Coca-Cola und Pepsi). Der Pair Trader wettet darauf, dass diese Differenz nur vorübergehend ist und sich schließlich angleichen wird. Dazu eröffnet er eine Long-Position in dem relativ schwächeren Wertpapier und eine Short-Position in dem stärkeren. Der Pair Trade ist gewinnbringend, wenn sich die Performance-Lücke schließt, und führt zu Verlusten, wenn sie sich vergrößert.

Entwicklung von Coca Cola und Pepsi (fiktive Werte). Sobald sich ein entsprechend großer Spread auftut, werden die Positionen eröffnet. Wenn sich die Lücke schließt, wird der Trade geschlossen.

Pair-Trading ist eine beliebte Strategie bei Hedge-Fonds-Managern und anderen professionellen Tradern, da es ein sehr effektives Mittel sein kann, um sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Märkten Gewinne zu erzielen.

Warum funktioniert die Strategie?

Aktien aus gleichen Branchen und gleichen Märkten entwickeln sich in der Regel sehr ähnlich, da sie denselben fundamentalen Gesetzmäßigkeiten unterliegen. Wenn die Coca-Cola steigt, steigt tendenziell auch die Pepsi-Aktie, und umgekehrt. An einzelnen Tagen kommt es jedoch zu Schwankungen bei den einzelnen Aktien, sodass diese folglich nicht im Gleichgewicht gehandelt werden. Wenn ein großer Asset-Manager zum Beispiel eine Pepsi-Position kauft oder ein Analyst seine Einschätzung für die Pepsi-Aktie nach oben korrigiert, könnte dies die Preise beeinflussen, ohne dass sich am fairen Unternehmenswert etwas geändert hat. Wenn die Pepsi-Aktie an diesem Tag deutlich stärker steigt als jene von Coca-Cola, weitet sich der Spread zwischen den beiden Wertpapieren. Wenn sich die Aktien zuvor weitgehend parallel entwickelt haben, ist es nach diesem temporären Performance-Schock sehr wahrscheinlich, dass sich die Kurse wieder angleichen. Pair Trader eröffnen in diesem Fall also eine Long-Position auf Coca-Cola und shorten die Pepsi-Aktie. Wenn der Spread sich schließt, kann die Position mit Gewinn geschlossen werden.

Hintergrund

Pair-Trading-Strategien sind keineswegs neu, sondern wurden bereits Mitte der 1980er Jahre von einer Gruppe technischer Analysten der Investmentbank Morgan Stanley eingeführt. Seither nutzen Hedgefonds, Investmentbanken und professionelle Trader das Pair Trading um Alpha zu generieren. Für private Trader war es lange sehr kompliziert, derartige Strategien umzusetzen. Die Identifikation geeigneter Aktienpaare erfordert komplexe statistische Berechnungen, die sich ohne professionelle Tools und eine geeignete Datenbasis nicht durchführen lassen.

TraderFox Flash ermöglicht es Privatanlegern, Pair Trades durchzuführen, indem geeignete Paare identifiziert und entsprechende Produkte zum Durchführen der Trades vorgeschlagen werden. Wie dies technisch funktioniert, wird im Folgenden erklärt.

Die theoretischen Grundlagen der von TraderFox implementierten Strategie

Pair-Trading-Strategien können in zwei Phasen unterteilt werden: Die Formationsbildungs-Phase, in der geeignete Aktienpaare identifiziert werden, und der Handelszeitraum, in dem auf die schließenden Spreads bei den entsprechenden Aktienpaaren gesetzt wird, wenn gewisse Parameter gegeben sind.

Die Formationsbildungs-Phase

Wenn Aktie A einen Preis von 20€ und Aktie B einen Preis von 100€ hat, ergibt es wenig Sinn, die Differenz zu betrachten. Die Aktien müssen also zu Beginn der analysierten Zeitreihe auf den gleichen Wert normalisiert werden, zum Beispiel auf den Wert 1. Durch diese Vorgehensweise können die Kurse beider Aktien übereinandergelegt und die Differenzen der Kurse berechnet werden. Dies geschieht für alle Aktienpaare im Referenzindex. Im DAX 40 gibt es somit (40 * 39) / 2 = 780 Aktienpaare. Akademisch wurde diese Methode erstmals von Gatev, Goetzmann und Rouwenhorst eingeführt. Sie ermitteln die Performance-Differenzen der Aktien, indem sie die Summe der quadratischen Abweichungen aller normalisierten Aktienpaare (SSD) im Zeitraum der Formationsbildung (12 Monate) berechnen. Die Aktienpaare, die inklusive reinvestierter Dividenden und unter Berücksichtigung von Kapitalmaßnahmen in diesem Zeitraum die kleinste Perfomance-Differenz (Spread) im Zeitverlauf aufweisen, entwickeln sich am ähnlichsten zueinander. Üblicherweise ist dies für Aktien aus der gleichen Branche der Fall, da diese sehr ähnlichen fundamentalen Gesetzmäßigkeiten unterliegen (zum Beispiel Coca-Cola und Pepsi oder BMW und Daimler).

Anschließend wird jedes der Paare mit der geringsten SSD auf Stationarität getestet. Eine stationäre Zeitreihe ist eine Zeitreihe, deren statistische Eigenschaften wie Mittelwert und Varianz sich im Laufe der Zeit nicht verändern. Wenn der Spread von einem Aktienpaar stationär ist, bedeutet dies, dass die Aktien kointegriert sind. Am einfachsten lässt sich das Prinzip an einem Beispiel von Michael Murry (1994) erklären:

Nehmen wir an, wir beobachten zwei Betrunkene (die zwei " Random Walks " darstellen), die umherwandern. Die Betrunkenen kennen sich nicht, sie sind unabhängig, und es gibt keine sinnvolle Beziehung zwischen ihren Wegen.


Nehmen wir aber stattdessen an, dass ein Betrunkener mit seinem Hund spazieren geht. Dieses Mal gibt es eine Verbindung. Zwar ist jeder Weg für sich genommen immer noch ein unvorhersehbarer "Random Walk", allerdings haben wir eine ziemlich gute Vorstellung davon, wo sich der andere befindet, wenn wir den Standort des einen kennen; das heißt, die Entfernung zwischen den beiden ist ziemlich vorhersehbar.

Wenn sich der Hund zum Beispiel zu weit von seinem Besitzer entfernt, wird er sich eher in seine Richtung bewegen, um ihn nicht zu verlieren. Wenn er sich zu weit von dem Besitzer entfernt, wird dieser zu ihm zurückgehen oder ihn rufen, damit er kommt. Die beiden bleiben also nahe beieinander, auch wenn sie dazu neigen, alleine herumzulaufen. Der Betrunkene und der Hund bilden ein integriertes Paar.

Links: Random Walk zweier Betrunkener, die sich nicht kennen (nicht kointegriert), links: Random Walk eines Betrunkenen und seines Hundes (kointegriert). Eine solche Beziehung der Aktienpaare sollte vorliegen, damit sich das Paar zum Pair Trade eignet.

Wenn ein Aktienpaar also kointegriert ist, bedeutet dies, dass sich der Spread zwischen den Aktien höchstwahrscheinlich wieder schließt, nachdem er sich geweitet hat. Eine solche Beziehung zwischen zwei Zeitreihen kann mit dem Augmented Dickey Fuller Test überprüft werden. Wenn sich der Regressionsparameter des Tests signifikant von Null unterscheidet, gilt das Aktienpaar als kointegriert – das Paar eignet sich also ideal für einen Pair Trade, wenn sich der Spread in der Zukunft weitet.

Zum Finden geeigneter Paare kann also eine Regel festgelegt werden: Wenn die Eigenschaft zur Mean-Reversion des Spreads statistisch signifikant ist, klassifizieren wir das Aktienpaar als einen potenziellen Pair Trade. Dies können wir anhand des p-Werts des statistischen Tests ablesen. Ist der p-Wert kleiner als 0,05 besteht etwa eine 95-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die Mean-Reversion nicht rein auf dem Zufall beruht. Die Regressionsgüte des Aktienpaares ergibt sich durch 1 minus p-Wert. Liegt die Regressionsgüte bei über 0,95 ist es demnach zu über 95 % wahrscheinlich, dass die zuvor beobachtete Rückkehr des Spreads zur Nulllinie nicht auf dem Zufall beruht.

Handelszeitraum

Zum Start des Handelszeitraums werden die Aktien noch einmal auf 1 normalisiert. Die Handelsentscheidung für ein Aktienpaar wird getroffen, wenn die Standardabweichung des Spreads bei über 2 liegt. Dies bedeutet, dass der Spread des Aktienpaars in etwa 95 % der Zeit geringer war. Mit anderen Worten: Auf Basis der historischen Daten ist es sehr wahrscheinlich, dass es zu einer Mean-Reversion kommt und sich die Performance-Lücke schließt.

95 % der Zeit ist der normalisierte Spread geringer als 2 (genauer: 1,96). Wir gehen den Trade ein, wenn der Spread darüber liegt.

Bei der Handelsentscheidung sollten allerdings auch die Hintergründe für den ausgeweiteten Spread eine Rolle spielen. Beispiel: Zwei Autohersteller eignen sich statistisch als perfekter Pair Trade. Kürzlich hat sich der Spread zwischen den Aktien geweitet, da Hersteller A seine Produktion aufgrund von Lieferengpässen für einige Wochen drastisch reduzieren muss, während Hersteller B von diesen Problemen nicht betroffen ist. Der faire Wert von A hat sich reduziert, jener von B jedoch nicht. Da der Spread zwischen beiden Aktien somit gerechtfertigt erscheint und in absehbarer Zeit nicht mit einer Mean Reversion zu rechnen ist, wäre ein Pair Trade äußerst riskant und der Trader wäre besser damit beraten, die Finger von dem Trade zu lassen.

Scheint der Spread nur vorrübergehend zu sein, spekulieren Pair Trader auf eine Mean Reversion, indem sie die relativ stärkere Aktie shorten und in der relativ schwächeren Aktie long gehen. Ihnen ist folglich egal, ob die Aktien steigen oder fallen – es muss sich lediglich die Differenz verringern, damit der Trade profitabel wird. Beide Positionen werden geschlossen, sobald der Spread auf null zurückgeht, was bedeutet, dass das Paar wieder zum langfristigen Gleichgewicht zurückkehrt.

Ergebnisse von Pair-Trading-Strategien

In wissenschaftlichen Studien wurde festgestellt, dass verschiedene Pair-Trading-Strategien zu lukrativen Überrenditen führen können. So haben Gatev et al (1999) in einer ersten Studie festgestellt, dass eine simple Pair-Trading-Strategie (ohne Kointegrationsanalyse) hohe jährliche Überrenditen von bis zu 11 % erwirtschaften konnte. Hierbei sind Transaktionskosten noch nicht berücksichtigt. Die Studie von Gatev, Goetzman und Rouwenhorst (2006) attestiert der Strategie eine Überrendite von 0,9 % pro Monat für den Zeitraum von 1963 bis 2002. Do und Faff (2012) kommen für den Zeitraum 1963 bis 2009 auf ein ähnliches Ergebnis, allerdings stellen sie fest, dass die Überrendite im Laufe der Jahre abgenommen hat, so lag diese 2003 bis 2009 bei nur noch 0,24 % pro Monat. Sie führen diesen Rückgang auf eine Verringerung der Arbitragemöglichkeiten in den letzten Jahren zurück, gemessen an der Zunahme des Anteils der Paare, die zwar divergieren, aber nie konvergieren.

Auch die Kointegrationsmethode führt den meisten wissenschaftlichen Arbeiten zufolge zu Überrenditen. Bogomolov (2011) zufolge generierte ein solches Vorgehen in den Jahren 1996 bis 2010 am australischen Markt zwar eine kleine Outperformance, die jedoch von den Transaktionskosten aufgezehrt wird. Caldeira und Moura (2013) stellen für brasilianische Aktien im Zeitraum 2005 bis 2012 hingegen eine Outperformance von über 16 % pro Jahr fest.

Bei den wissenschaftlichen Arbeiten zum Pair Tradings werden die Handelsentscheidungen automatisiert getroffen, wenn der normalisierte Spread eine gewisse Schwelle überschritten hat (in der Regel zwei Standardabweichungen). Es fließen also keine weiteren Informationen in die Handelsentscheidung ein. In der Praxis wäre dies nicht unbedingt von Vorteil, da es gute Gründe für die Ausweitung des Spreads geben könnte – wie im Beispiel oben geschildert.

Pair Trading mit TraderFox Flash

Mit finanzen.net Zero und TraderFox Flash können Privatanleger Pair-Trading-Strategien einfach und ohne zusätzliche Gebühren umsetzen. Hierbei stehen drei Universen zur Auswahl: DE 40 (DAX 40), US 30 (Dow Jones) und EU 50 (die 50 größten europäischen Aktien).

Die Übersicht zeigt Aktienpaare, die aktuell oder in der Zukunft für einen Pair Trade in Frage kommen könnten. Neben dem aktuellen Spread wird der maximale Spread im Betrachtungszeitraum sowie die Half-Life angezeigt. Das Performance-Delta zeigt, wie die Aktien in den letzten zwei bzw. vier Wochen relativ zueinander performt haben.

TraderFox Flash Übersicht zu potenziell interessanten Pair-Trades

Wenn der aktuelle normalisierte Spread über zwei liegt und keine entscheidenden News darauf hindeuten, dass der Spread länger Bestand haben könnte, kann der Trade eingegangen werden.

Die Anwendung schlägt die passenden Produkte für die Trades vor und berechnet automatisch die Stückzahlen der jeweiligen Produkte, um mit dem gewünschten Kapitaleinsatz marktneutral zu handeln. Gemäß der individuellen Risikotoleranz kann der gewünschte Hebel bei den Produkten eingestellt werden.

Empfehlenswert ist es hierbei auf die Handelszeiten zu achten. So sollten die Trades im DAX zu den Handelszeiten zwischen 09:00 und 17:30 eingegangen werden, damit der Bid-Ask-Spread der Derivate möglichst klein ist und die Transaktionskosten minimiert werden.

Wenn beide Orders des Pair Trades ausgeführt wurden, besteht die Möglichkeit, mittels Stop-Loss oder Take-Profit weitere Trades zu platzieren.